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Schwarz-weiß und analog, Teil 260: Mit der Rolleiflex durch Blankenberg

Fomapan 200 120 #4 @100, Februar 2023
  • Rolleiflex
  • Entwicklung: Adonal
Vor-vorweg: Ich hätte Bilder von heute, die ich nur von der Kamera holen müsste. Aber... ich bin platt... Reicht auch später noch! ;-)

Vorweg: Dies ist ein Test-Film. Zum einen handelt es sich um eine sehr alte und (zu diesem Zeitpunkt) ungetestete Kamera, zum andern musste ich dafür den Film von seiner 120-Spule auf eine 620-Spule umspulen. Das heißt, theoretisch hätte ich auch das Plasik von der 120er so lange abfeilen können, bis sie in die Kamera passt, aber ich habe halt diesen Weg gewählt.

Was mich zur ersten Beobachtung führt: Fomapan 120 ISO 200 ist sehr kratzempfindlich. All die vielen kleine oder größeren schwarzen Streifen auf dem Film sind Kratzer. Also ein ganzer Haufen. In der Vorschau sieht man die kaum, aber sobald man auf das große Bild klickt... Naja.

So, das war mein erster Fehler. Mein zweiter war, bei der Entwicklung nur Lösung für einen 135er einzufüllen. Ich Idiot! Naja, aber um zu sehen, dass diese 90 Jahre alte Kamera funktioniert, dafür reicht es trotzdem. Muss ich halt mit dem völlig unterentwickelten rechten Rand leben. Wobei es schon erstaunlich ist, wie viel da noch zu erkennen ist. Liegt wohl daran, dass es sich um einen ISO 200 Film handelt, den ich aber wie einen 100er belichtet habe - weil die möglichen Zeiten an diesen alten Kameras ja doch eher langsam sind und ich keinen anderen hatte.

Und bevor ich jetzt noch weiter quatsche, hier sind die Bilder: So ein komisches gelbes Baufahrzeug macht den Anfang. (1/100s, f/8.) Selbst in der kleinen Auflösung kann man gut erkennen, wie scharf die Kamera ist. Gut, sie kann jetzt sicher nicht mit modernen Objektiven mithalten, aber die sind auch keine 90 Jahr alt. Der Verschluss scheint mit zwar ein bisschen langsam zu sein, will sagen, das Bild ist ansich etwas überbelichtet, aber das kann auch vom Pull kommen, das ich hier versucht habe. (Vielleicht hätte ich nicht so viele Variablen auf einmal ins Spiel bringen sollen.)


Während das erste Bild ein recht nahes Motiv abgebildet hat, musste ich bei der Burg nur auf Unendlich stellen, da kann ich also kaum einen Fehler beim Ausmessen gemacht haben. (1/100s, f/5,6.) Und tatsächlich, alles scharf. Damit habe ich auf jeden Fall schon mal die beiden Extrema der Entfernungsskala abgedeckt. Und hinzu kommt, dass das Bild auch recht gut aussieht. Brauchbare Komposition. Bei den quadratischen Bildern auf Mittelformat bin ich ja noch immer sowas wie ein Neuling. Erstaunlich, dass man auch sowas üben muss. Man kann sich doch sehr an das 3:2 Seitenverhältnis von Kleinbildfilm gewöhnen.

Wie man im nächsten Bild gut sehen kann, hat der Film sich beim Umspulen wohl auch ein bisschen gewellt, sodass der Himmel über der Burg ein bisschen Fleckig wirkt; zumindest vermute ich, dass das davon kommt, ansonsten liegt es möglicherweise auch an der verunglückten Entwicklung. (1/300s, f/8.) Wie man an den Werten sehen kann, war es hier auch wirklich extrem hell. Hätte eigentlich auch den ganzen Film mit Sunny 16 belichten können. Aber man sieht auch, dass man auch mit so einer alten Kamera gut Architektur- und Landschaftsaufnahmen machen kann. Schade, dass mir die Entwicklung so verunglückt ist. Ich weiß auch nicht, ich hab an dem Tag wohl einfach geschlafen. Und dass der Film so verkratzt ist. Ich werde das mit dem abschleifen der Spulen auf jeden Fall jetzt im Frühling auch noch mal versuchen und dann auch den besseren Kentmere benutzen.


Die Spitzen im Kräutergarten gehörten wohl mal wieder zum Kunstprojekt, die sind jetzt nämlich wieder weg. (Gelbfilter, 1/100s, f/4.) Ja, die Kamera kam sogar mit einem passenden Gelbfilter. Und das seiht man auch sofort, doe kleinen Wölkchen poppen viel mehr aus dem Himmel heraus. Allerdings habe ich den hauptsächlich verwendet, um die Belichtungszeit bzw. die gewählte Blende runter zu drücken. Ich wollte wissen, wie die Bilder aussehen, wenn man näher an weit offen arbeitet - die weiteste Öffnung bei dieser Kamera ist f/3,8. Und, ja, sieht so aus, als könnte man zumindest ein ganz kleines bisschen Unschärfe in den Hintergrund bekommen. Bei näheren Nahaufnahmen wäre das natürlich noch eher der Fall.

Aber erst mal wieder ein Bild von der Burg: Der Turm mit Wolken dahinter. (1/100s, f/11.) Bei so alten Kameras darf man keine Angst haben, auch mal richtig weit abzublenden. Immerhin hat die hier noch zwei weitere mögliche Blendenstufen zu bieten, was auch durchaus nötig sein kann. Aber dann wäre wohl auch bei Tageslicht das Stativ nötig, was ich ja auch noch dazu bekommen habe. Hatte ich schon erwähnt, dass diese vollständige Ausrüstung tatsächlich ein echter Glücksfund war?


So ein richtig nahes Motiv habe ich dann in diesem Metallfrosch gefunden. (1/100s, f/5,6.) Hier hätte ich zwar durchaus noch eine Blende runter gehen können, aber ich wollte es nicht übertreiben. Auf diese Entfernung macht sich dann doch die etwas größere Nornalbrennweite einer Mittelformat-Kamera bemerkbar, wenn man da genug tiefe haben möchte, sollte man doch nicht zu weit offen auf kurze Distanz schießen. Das Ergebnis ist jedenfalls ein ganz hervorragendes Foto. Die Kamera ist tatsächlich in bestem Zustand. Da kann man echt nichts sagen, die Augen des Froschs ist komplett scharf und der Hintergrund gibt zumindest einen Hint von Bokeh von sich. Sehr schön.

Eine weitere Nahaufnahme ist dann eines der schiefen Kreuze auf dem Friedhof hinter der Kirche. (1/100s, f/11.) Das hat weniger gut funktioniert, der Frosch gefällt mir sehr viel besser. Aber grundsätzlich funktionieren tut auch das. Der Abstand zwischen Kreuz und Kirche ist sehr viel größer, sodass auch diese ein bisschen unscharf geworden ist und sich das Kreuz so recht gut vom Hintergrund abhebt. Bei f/11 ist es zudem komplett scharf, nicht so wie der Frosch, dessen Füße schon leicht aus der Schärfe heraus ragen.


Das Kircheninnere habe ich auch versucht zu erwischen. (1/10s, f/5,6.) Einfach die Kamera auf der Kirchenbank abgestellt und vorsichtig ausgelöst. Hat ganz gut funktioniert und beweist, dass auch die langen Zeiten zumindest einigermaßen funktionieren. Ich kann mich zumindest nicht beschweren. Einem Einsatz mit Stativ und Filter steht also nichts entgegen.

Das folgende Bild von der Holzhexe ist sehr spannend geworden. (1/50s, f/4.) Hier war es sehr dunkel und schattig, sodass ich die Blende fast ganz öffnen musste. Zudem bin ich der Dame sehr nah auf den Pelz gerückt, während der Baum im Hintergrund doch schon einen gewissen Abstand gehalten hat. Und siehe da: Ein Ansatz von Swirly Bokeh! Habe ich so deutlich bei noch keiner Mittelformat-Kamera gesehen. Gefällt mir extrem gut, gibt den vollen Retro-Kick!


Nahaufnahmen waren eh viele dabei, habe ich den Eindruck: Hier noch ein paar Hortensienblüten mit über die Mauer schauender Turmspitze. (1/300s, f/8.) Hier sieht man, was ich mit dem dünnen Schärfebereich meinte: Die vorderen Blüten sind bereits sehr unscharf. Da ich genug Spielraum hatte, hätte ich auch durchaus auf f/16 rauf gehen können, dann hätten die eine Chance gehabt, auch scharf zu werden. Aber da wäre ich dann schon am oberen Limit, was mein Talent angeht, freihändig lange Belichtungen hin zu bekommen. So habe ich hingegen noch mal ein Testbild für die schnellste Zeit, die die Kamera kann.

Und dann: Einfach nur ein Fenster. (1/100s, f/4.) Das mache ich ja auch immer wieder gern und auf dem quadratischen Film kommt das im Allgemeinen auch erstaunlich gut raus. Interessantes Bild bei einer Blende, die ich normalerweise auch in der Kleinbildfotografie verwende. Wobei, wie gesagt, man darf beim Mittelformat keine Angst vor kleineren Blendenöffnungen haben. das Ergebnis ist aber auf jeden Fall scharf genug, um die Plakette am Balken oben links zu lesen. Extrem scharf, ehrlich gesagt. Das Objektiv ist zwar das bessere von den beiden damals angebotenen, aber das kann schon erstaunlich viel! Consider me impressed!


Zum Abschluss noch ein Bild vom Katarinenturm. (1/100s, f/8.) Der Film sollte voll werden und der Himmel zog sich immer mehr zu, sodass mein Spielraum mit den Belichtungszeiten sowie so langsam abnahm. Man sieht außerdem, dass der Film am Ende noch sehr viel mehr verkratzt ist als sowieso schon! Interessant, dass der Baum im Vordergrund tatsächlich schon ein bisschen unscharf ist, trotz der Entfernung und der mittleren Blende. Schönes Abschluss-Bild, das leider sehr verunglückt aussieht.

Fazit 1: Die Kamera funktioniert. Ich würde sagen, sie funktioniert nicht unbedingt wie am ersten Tag, nachdem sie aus der Fabrik gekommen ist. Dafür ist sie sichtbar zu viel benutzt worden und der Zahn der Zeit hat doch einige Rostflecken hinterlassen. Aber insgesamt ist sie in einem guten, funktionierenden Zustand und macht überragende Fotos. Schließlich ist das eine der ersten Rolleiflexen, die es gab, und man sieht, wo die ihren Ruf her haben! Selbst jetzt, gut 90 Jahre später, macht das Teil durchweg hervorragende Fotos! Ich kann es noch immer nicht fassen, dass ich die in diesem hervorragenden Zustand auf dem Flohmarkt gefunden habe!

Fazit 2: Umspulen von 120 auf 620 ist zumindest beim Foma keine gute Idee. Hätte ich wissen sollen, der 200er kommt ja schon verkratzt aus der Fabrik.

Fazit 3: MACH BEIM ENTWICKELN DIE DOSE VOLL, DU HONK! ;-)

Rolleiflex

Kommen wir nun zu den wirklich spannenden Dingen, die ich auf dem letzten Rheinauenflohmarkt eingesammelt habe. Dinge, an denen ich wirklich nicht vorbei gehen konnte. Wie diese Kamera, von der ich es kaum noch erwarten kann, sie endlich hier vorzustellen: Eine originale Rolleiflex! In gutem Zustand mit einem Haufen originalem Zubehör dabei! Ich konnte mein Glück kaum fassen! Und einigermaßen günstig war sie außerdem auch noch!

Ich hatte zwar an dieser Stelle bereits mein eigenes Limit erreicht - ich geh ja nie mit mehr als 50 € auf den Flohmarkt, dann kann ich auch nicht mehr ausgeben -, aber zum Glück hat der Verkäufer auch diese hochmoderne Art der digitalen Bezahlung akzeptiert! (Irgendwas mit Paul oder so! ;-))


Wie man sehen kann, das gute Stück kommt mit der originalen Ledertasche, die auch noch nicht auseinander fällt. Das ist ja nicht immer der Fall, ich habe da diverse Kameras, die nicht so alt sind, deren Etuis und Taschen schon lange in Einzelteile zerfallen sind, da die Fäden irgendwann morsch werden.

Apropos Alter: Wenn ich das richtig sehe, habe ich hier tatsächlich die allererste Version der Rolleiflex. Sie ist also irgendwann zwischen 1928 und 1931 gebaut worden. Hier die Merkmale, die mich zu dieser Annahme führen: Das allgemeine Design ist dunkel gehalten und nicht wie bei den späteren Rolleiflexen eher silbern. Sie hat auch das relativ schnelle f/3,8 Tessar. Die Knöpfe sind eher messingartig, es gibt keinen Hebel zum Filmtransport, wie es ihn breits ein paar Jahre später bei der Standard Rolleiflex gab. Die Andruckplatte im Inneren ist nicht lackiert und sie hat zudem zwei rote Sichtfenster, einmal am Boden, einmal auf der Rückseite. Aber das Wichtigste: Sie kam mit einem 620 Farb-Film (Orwo), den ich wohl tatsächlich mal in die Entwicklung geben werde und das Ergebnis dem Verkäufer zukommen lasse - ich hab ja aufgrund der digitalen Zahlung jetzt seine eMail-Adresse! ;-) Weshalb ist das mit dem 620er Film wichtig? Weil die späteren alle direkt 120 Rollfilm genommen haben, nur die allerersten Modelle nahmen eigentlich 117er B1 Rollfilm, konnten dann aber auch relativ problemlos auf den etwas schmaleren 620 umgerüstet werden. Die Produktion von B1 lief wohl irgendwann der 1930er aus, als diese Kamera eigentlich noch viel zu jung war, als dass man sie hätte wegwerfen wollen, deswegen gab es da wohl diese offiziellen Umbauten, die diese hier wohl bekommen hat. 620 Film ist dann irgendwann in den 1990ern verschwunden - erstaunlich spät -, sodass ich annehme, dass die Kamera seit mindesten 30 Jahren eingemottet war.


Dafür - und für ihr Alter von über 90 Jahren - hat sie sich aber richtig gut gehalten! Sie sieht richtig schick und retro aus. Und sie funktioniert einwandfrei. Der Verschluss löst bei allen Zeiten (1s bis 1/300s, B und T) aus, das ist das Wichtigste, aber auch alle anderen Funktionen haben keine Beeinträchtigung. Das Gehäuse ist zwar ein bisschen verzogen und schließt nur mit sanfter Überredungskunst, die Dichtungen haben sicher auch schon bessere Tage gesehen, aber ansonsten alles einwandfrei. Auch die Linsen sind klar und im Sucher schwirren nur vereinzelte Staubkörner herum. Selbst der Klappmechanismus am Sucher funktioniert ohne Problem. Ein wirklicher Glücksfund!

Ich habe dann auch direkt am Sonntag einen Film durch geschickt. Nachdem ich in der anderen Kamera, die ich vorher schon mitgenommen hatte, eine 620er Spule gefunden hatte, und in dieser gleich zwei - den Orwo-Film habe ich auf eine billige Plasitik-120er-Spule umgespult, bevor ich den in die Entwicklung gebe; bei der ist das nicht so schlimm, wenn die verloren gehen sollte ;-) -, hatte ich insgesamt also drei Stück. Zwei davon habe ich gleich mal mit einem 120er bestückt. Der passt einwandfrei auf die etwas dünnere Spindel und scheint auch an den Rändern lichtdicht abzuschließen. Leider habe ich bei der Entwicklung das Gehirn nicht eingeschaltet und so ist jetzt am Rand vom Film ein Finger breit nicht richtig entwickelt, weil ich Döskopp nur 300ml statt der notwendigen 500ml verwendet habe! Ich Idiot! Aber als Beweis, dass an der Rolleiflex alles funktioniert, reicht das trotzdem!


Aber damit nicht genug! Zusätzlich war da noch einiges an originalem Zubehör dabei: Ein Gelbfilter in der passenden Größe ist immer gut und der originale Drahtauslöser ist auch dabei gewesen. Der hat leider das Problem, dass oben am Knopf der Textil-Schlauch abgerissen ist und er deswegen leider nur noch bedingt funktioniert. Aber dafür war gleich noch ein zweiter dabei, der zwar zeitlich ähnlich alt sein sollte, allerdings ein bisschen zu lang ist und sich deswegen an der Kamera nicht in den vorgesehene Nuppsi einhängen lässt. Aber man kann den Verschluss auch gleich unten am Objektiv auslösen, insofern ist der auch nicht unbedingt nötig, erklärt aber die Delle in der Belederung, wo er eingeschraubt war. ;-)

Der Belichtungsmesser stammt zeitlich wahrscheinlich eher aus den 1960ern, wäre aber auch ganz praktisch, wenn er denn nicht nach dem Mond gehen würde. Das übliche Problem mit Selenzellen. Aber als histprisches Artefakt, ebenfalls komplett mit Lederetui, da sag ich nicht nein!

Als weitere Dreingabe war dann aber auch noch das zur Kamera passende Stativ dabei. Das muss auch so aus den 1920ern/1930ern stammen, ist es doch tatsächlich noch aus Messing gebaut! Messing! Nix Alu oder gar Plastik! Wie das den Krieg überdauert hat, weiß ich gar nicht. Schließlich hat man selbst Eheringe eingeschmolzen, um daraus Patronenhülsen zu bauen! Und dann kam die Nachkriegszeit, in der viele dieser alten Kameras und deren Zubehör von den siegreichen Truppen eingesammelt wurden, sozusagen als kleine Reparation am Rande. Oder man musste diese Teile auf dem Schwarzmarkt verhökern, um was zu Essen zu kaufen. Wenn ich so drüber nachdenke, was diese Kamera also alles durchgemacht haben muss, dass sie heute noch so gut erhalten hier neben mir auf dem Schreibtisch steht...


Fazit: Einer der besten Käufe, die ich seit langem getätigt habe. Diese Rolleiflex mit samt ihrem Zubehör ist beinahe schon zu schade, um sie mit in die Wildnis zu schleppen. Sie sollte eigentlich einen besonderen Platz in der Vitrine bekommen! Aber da sie einwandfrei funktioniert, werde ich sie zu besonderen Gelegenheiten sicher noch einmal auspacken. Sie ist nämlich einfach zu schön, um sie einfach nur wegzusperren, wo sie keiner sehen kann! :-)