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Schwarz-weiß, analog und Mittelformat, Teil 2: Den Hausberg rauf und runter

Film: Fomapan 100 (120 #2), Kamera: Zeiss Ikon Mess-Ikonta 524/16, Novar 75mm f/3.5

Da auf Grund der vorherrschenden Wetterverhältnisse - mit einem Wort: Bäh! - auch heute wieder keine aktuellen Fotos ihren Weg hier ins Blog finden werden, habe ich mich dazu entschlossen, den zweiten 120 Rollfilm auszustellen, den ich im Dezember belichtet habe. Die Bilder sind auch alle ganz gut geworden, finde ich, bis auf die Tatsache, dass die letzten paar bei der Filmentnahme wohl etwas viel Licht abbekommen haben. Ist wohl, so wie ich das verstehe, hauptsächlich ein Problem der modernen Filmmaterialien aus Polycarbonat, die lassen mehr Licht einsickern, wie ein Lichtleiter, sozusagen, wenn da irgendwo eine Stelle ist, die nicht fest genug gewickelt ist. Aber das halt nur als einleitende Vorrede, denn mit etwas digitaler Nachbearbeitung ist das Ergebnis trotzdem noch gut - und teilweise sogar sehr witzig, wenn die Nummerierung von der Rückseite durchscheint wie bei der Nummer 9. ;-)

Das erste Bild auf dem Film zeigt mal wieder meine lieben Schmuddelpferde. (1/100s, f/8.) Natürlich sind das nicht meine im engeren Sinne, sondern mehr so liebgewordene, alte Bekannte. Normalerweise kommen sie schon immer ans Tor, wenn sie mich sehen, aber heute nicht. Das macht aber nicht viel, denn die Auflösung vom Film ist so hoch, ich könnte die in der Mitte ausschneiden und hätte noch immer mehr "Pixel" (Silber) als bei einem 35mm Film. Mache ich jetzt aber nicht, weil mir das Bild so eigentlich ganz gut gefällt: Die Pferde in der Mitte, eingerahmt von Bäumen, die Fahrzeugspuren auf der Wiese, der weite Himmel darüber. Etwas schief ist es allerdings auch, und es könnte etwas schärfer sein. 15m hatte ich eingestellt, die Tiere waren aber wohl doch etwas weiter weg.


Das zweite Bild mit dem Jesus (das eigentlich das dritte ist, aber dazu ganz am Ende noch mehr) hingegen ist so knackig scharf, dass ich Aua in den Augen kriege, wenn ich länger hin schaue. (1/200s, f/8.) Zumindest auf meinem kleinen, HD-Ready-Notebook-Display ist das so, dass ich eigentlich den Eindruck habe, alles wäre in focus. Erst, wenn ich das Bild anklicke und es in voller Auflösung präsentiert bekomme, sehe ich dann: "Ah, der Jesus ist ja noch mal schärfer als der Hintergrund!" Da habe ich wohl mit den 7m, die ich am Objektiv eingestellt hatte, ziemlich gut geraten. Wie gesagt, der Messsucher ist ja nicht so 100%-ig, mehr so eher 85%-ig! ;-) Wenn ich dann ins Original-Bild schaue und die Auflösung mal einfach halbiere (weil das ja eh vom Scanner gelogen ist), sehe ich schließlich, wie scharf so ein Mittelformat tatsächlich ist. Die Filmstruktur sehe ich ja eigentlich erst in dieser Auflösung überhaupt. Erstaunlich, dabei ist das doch der billige Fomapan, von dem ich jetzt wirklich nicht so viel erwarte wie von einem teuren Ilford oder Ähnlichem.


Ein Maß für die Schärfe ist für mich ja auch immer, wie groß das JPG am Ende ist, wenn ich es bei 75% komprimiere. bei 180kb ist das schon eine Menge; OK, sind auch viele Kontrastübergänge drin, wegen dem Gestrauche im Hintergrund, aber das ist ja bei diesem Ausschnitt und in dieser Vergrößerung nun wirklich nicht mehr scharf. Sieht meiner Meinung jedenfalls nicht deutlich schlechter aus, als hätte ich mit der Zenit und dem Helios drauf gehalten. Gut, es hat dann schon etwas mehr Grain, aber ich mein, der Ausschnitt da oben ist ja jetzt auch so, als würde ich mit einer Lupe direkt ins Negativ starren. Und außerdem: Grain is good! ;-)

Weiter bin ich gelaufen, bis zur Kirche in Rott, wo die Tiere im Vorgarten standen, und habe dort dann auch diese noch mal fotografiert, einfach so, um mal einen Vergleich zu haben, wie das im Mittelformat aussieht. Elefanten und Giraffen machen sich jedenfalls sehr gut, finde ich. (1/200, f/8.) Die Laterne und die Häuser stören mich etwas, aber was willste machen, die sind halt da. Ein Breitseiten-Foto bei dem Licht ging halt nur aus der Richtung, ansonsten hätte ich Abends noch mal wieder kommen müssen, dann hätte ich die Kirche im Hintergrund gehabt und wahrscheinlich zu wenig Kontrast. Da ich ja mit ziemlich großen Blendenzahlen arbeiten muss, weil der Verschluss ja nur bis 1/300s geht, ist auch alles ziemlich scharf, auch außerhalb des 10m Abstands, den ich eingestellt hatte. Bokeh ist so jedenfalls nicht wirklich hin zu bekommen. Trotzdem, auch dies ist ein nette Bild.


Die Nilpferde mit dem Trecker im Hintergrund machen sich auch im 6x6-Format sehr gut, besonders mit den Highlights der tief stehenden Wintersonne auf der Seite. (1/200s, f/8.) Hier stören mich die Häuser im Hintergrund weniger, Fachwerk und Backstein sind jetzt vielleicht nicht wie auf einer Afrika-Safari, aber immerhin nicht so generisch wie die Mauern auf dem ersten Bild. Schönes Bild.

Beim dritten Safari-Foto kann man schon ein bisschen sehen, was auf den kommenden Bildern zum Problem wird: Am unteren Rand ist Licht in den Film eingedrungen und hat einen Streifen hinterlassen. Hier, bei Löwen und Giraffen, ist das aber noch nicht so schlimm, dass ich nachträglich digital am Kontrast hätte schrauben müssen; stattdessen wäre es wahrscheinlich gar nicht aufgefallen, wenn ich den besonders betroffenen Bereich einfach weggeschnitten hätte, was auch die Komposition des Bildes kaum verändert hätte. Ansonsten: Bei 1/300s und f/5,6 kann man immerhin schon sowas wie Bokeh in den Giraffen erahnen, somit hat sich die eine Blende schon durchaus bemerkbar gemacht. Allerdings habe ich hier mit 5m Abstand auch schon einiges näher gestanden.

An der Grundschule in Söven habe ich auf dem Rückweg dann das Graffiti eines Seilchenspringers fotografiert; das hatte ich bestimmt auch schon mal mit einer anderen Kamera hier drin, da kann man Vergleichen. (1/200, f/8.) Außer, dass ich ja bekanntermaßen Kameras nicht gerade halten kann, sieht das Bild eigentlich sehr gut aus: Kontrastreich, die Regenrinne wirft einen interessanten Schatten, die Andeutung von Bäumen als Krone am oberen Bildrand, die Betonsteine im Fundament und auf dem Platz davor, alles eigentlich ganz gut gelungen. Wenn es denn gerader wäre. Ich mein, OK, zu der dynamischen Bewegung des Seilchenspringers passt der schiefe Winkel schon irgendwie, aber es ist doch etwas viel, oder? Jedenfalls bin ich auch hier von der Auflösung so richtig umgehauen: Man kann jede einzelne Erhebung in den Waschbetonplatten erkennen, so winzig sie auch sein mögen, und der Schattenwurf ist auch messerscharf. 3,50m waren wohl genau die richtige Einstellung.


Halb durchs Dorf trifft man ja noch auf die Kapelle, vor dieser hing an jenem Tag ein Stern, es ging schließlich auf Weihnachten zu. (1/200s, f/8.) Auch hier sieht man schon ein bisschen viel Licht, das in den Film eingedrungen ist. Schade, das Bild ansich ist nämlich ganz gut geworden. Hier habe ich die Entfernung übrigens erst mit dem Messsucher ausgemessen, dann die üblichen zwei Striche drauf gelegt und bin schließlich noch einmal von der Stelle, an der ich das Bild machen wollte, hin und wieder zurück gegangen und habe dabei (weite) Schritte gezählt und bin bei all diesen Methoden auf ungefähr 16m gekommen, die ich dann auch nach bestem Gewissen und Möglichkeit eingestellt habe. (Da ist kein Strich am Objektiv, der nächste ist bei 15m.) Scheint aber auch hier gut geklappt zu haben. OK, f/8, selbst der Baum im Hintergrund rechts am Rand ist noch einigermaßen scharf und der war eher so "unendlich" weit weg. Aber ansonsten: Bis aufs Lichtleck und die blöde Sat-Antenne links oberhalb vom noch blöderen Lieferwagen gefällt es mir gut. Die kann man ja weg schneiden. ;-)

Auf dem Rückweg habe ich vorher übrigens einfach mal den Ausblick zum Ölberg eingefangen. Das Bild passte nur nicht so gut in die originale Reighenfolge, deshalb habe ich es zu den thematisch ähnlichen gepackt. Weil ich hier gegen das Licht gearbeitet habe und praktisch im vollen Sonnenschein stand, habe ich mit 1/100s und f/16 auch gleich mal die "sunny sixteen" Regel bestätigen können: Sieht gut aus, hat funktioniert! ;-) (Wobei, im Prinzip sind fast alle Bilder in dieser Serie mit dieser Regel konform, ich habe halt nur hier tatsächlich mal f/16 benutzt.) Trotz einiger Streifen, die der Scanner hinterlassen hat, sieht das Bild doch eigentlich auch sonst ganz gut aus: Ein Kondensstreifen zieht einsam am Himmel entlang, der Sonne entgegen, der Berg selber liegt ein bisschen im Dunst und auf dem frisch umgebrochenen Acker kann man den Schattenwurf eines jeden Erdkrümels nachvollziehen. Nur ein paar kleine Schleierwolken sind am Horizont zu finden: Es war wirklich ein sehr sonniger Dezemberanfang. Schönes Bild, gefällt mir.

Als Rückweg habe ich dann weiter den Weg durchs Rosental gewählt, wo ich diese einzeln stehenden Bäume noch schnell mit genommen habe. Leider ist der Film ab hier sehr böse vom Lichtleck getroffen worden, daher sind die eigentlichen Belichtungsdaten, die ich mir aufgeschrieben hatte - 1/200s, f/8 - eigentlich nur Makulatur, da ich nachträglich sehr heftig an Helligkeit und Kontrast drehen musste. Was man auch an den durchscheinenden Markierungen sehen kann. Offenbar hatte sich hier auch das Papier etwas aufgewellt und vom Film gelöst. Ob das tatsächlich bei der Filmentnahme oder später im Labor passiert ist, kann ich schlecht sagen, aber ich werde vorsichtshalber demnächst tatsächlich die Filme im Wechselsack wechseln; dafür hatte ich mir den ja auch eigentlich direkt mit bestellt. Das Bild ansich ist aber trotzdem - oder gerade wegen dieses Defekts? - sehenswert. Gibt dem Ganzen ein bisschen was geisterhaftes.



Da ich dann schon da war, habe ich den Trecker, der da unten auf dem Feld vor sich hin gammelt und mittlerweile auch ein alter Bekannter ist, auch gleich noch mal mit genommen. (1/300s, f/5,6.) Das Licht-Problem ist hier weiter auf der Linken Seite, durch die Spulendicke passt offenbar nicht genau ein Bild in eine Wicklung. Es ist zudem weniger ausgeprägt, ich musste also weniger am Kontrast nachjustieren. Und witzig ist es allemal, denn es sieht tatsächlich so aus wie früher, Bilder aus den Alben meiner Großeltern, bei denen manchmal auch das Licht rein geleckt ist. Gut, die hatten jetzt eher keine Trecker sondern Familienmitglieder auf ihren Bildern, aber ihr wisst, was ich meine. ;-)

Zu guter Letzt stand ich dann wieder an der Pferdekoppel und dieses Mal stand der Braune direkt am Zaun, sodass ich den Hang hoch geschlichen bin und unter Einsatz all meiner Kräfte dieses Bild gemacht habe, während ich langsam rückwärts runter gerutscht bin. (1/100s, f/5,6.) Hat sich aber gelohnt: Cooles Bild, auch trotz - oder wegen, wie man es sehen mag - des Lichtlecks. Es hatte sich aber auch extra in Pose geworfen und dann, als ich den Auslöser betätigt habe, hat es die Ohren angelegt, um seinen Unmut auszudrücken, dass es jetzt schon wieder im Internet rum steht. ;-)

Ansonsten war es das, bis auf ein Bild, das ich noch ganz am Anfang gemacht habe. Ein Bild, das eigentlich zwei Bilder ist. Ich hatte erzählt, dass die Auslösesperre manchmal nicht freigibt, auch wenn ich den Film an die richtige Position fürs nächste Bild vorgespult habe? Geht auch andersrum: Sie scheint manchmal auch dann den Auslöser frei zu geben, wenn ich nicht vorgespult habe! So ist dann jetzt diese Doppelbelichtung dabei raus gekommen:


Ganz schemenhaft kann man am linken Rand noch die Rinde vom Baum erkennen, ab dem ich den dicken Blob Harz fotografieren wollte. Der ist leider, weil er relativ dunkel war, nicht mehr zu erkennen, da hier jetzt Äste vom Bild danach drin sind. Sieht sehr faszinierend aus. So eine zufällige Doppeltbelichtung kann also auch ganz erstaunliche Resultate ergeben!

Das waren jetzt die beiden 120 Filme, die ich bisher belichtet habe. Hätte gerne schon noch weitere gemacht, aber wie ich eingangs erwähnt habe: Seit Mitte Dezember ist das Wetter eher so lala, da warte ich lieber, bis die Sonne noch mal richtig raus kommt. Und ich habe ja ansonsten noch genug s/w-Filme in petto. Deshalb geht es demnächst weiter mit dem Film aus der Olympus, als diese noch nicht in der Reparatur gewesen war. Da hat mich ganz besonders die Qualität des 50mm Zuiko erstaunt, das selbst wenn die meisten Bilder auf Grund der verstellten Mattscheibe unscharf waren, teilweise unglaublich scharfe und kontrastreiche Resultate geliefert hat. Und wer weiß, was an Corona-Maßnahmen noch so alles auf uns zu kommt, die nächste Woche wird wahrscheinlich der "richtige" Lockdown verkündet, dann kann ich evtl. gar nicht mehr raus zum Fotografieren und muss entweder wieder wie Früher auf Fotos vom Essen zurück greiefen ;-) oder endlich mal alle s/w-Filme hier rein bringen!

Schwarz-weiß, analog und Mittelformat, Teil 1: Stadt Blankenberg

Film: Fomapan 100 (120 #1), Kamera: Zeiss Ikon Mess-Ikonta 524/16, Novar 75mm f/3.5

Ich unterbreche das reguläre Programm für etwas ganz Anderes. Naja, OK, etwas semi-Anderes: Den ersten 120 Rollfilm, den ich in meinem Leben belichtet habe!

Obwohl es sich nur um den billigen Fomapan-Film handelt - auf dem Filmstreifen ist übrigens stattdessen ein "Ultra" einbelichtet, was hat es damit eigentlich auf sich? -, ist die Auflösung überwältigend! Da die Ikonta ja als kürzeste Zeit nur 1/300s unterstützt, musste ich hauptsächlich die Blende sehr weit schließen, f/8 ist hier eigentlich der Durchschnitt. Dadurch wirken die Bilder noch mal alle schärfer, als ich das gewohnt bin. Ich habe mit die weiten Blenden ja so sehr angewöhnt, dass das schon recht seltsam aussieht, wenn plötzlich alles so scharf ist. Aber ich experimentiere ja noch! 120er Fotografie ist was ganz Neues für mich, schon alleine von quadratischen Format her betrachtet.

Trotzdem sind die Bilder meiner Meinung nach vorzüglich geworden. Die unglaubliche Auflösung kann ich hier gar nicht richtig darstellen, denn um das Internet nicht zum explodieren zu bringen, habe ich alle Fotos auf 2048x2048 Pixel runter gerechnet - ich wollte erst 4096x4096 verwenden, aber 1 bis 2 MB pro Bild erschien mir etwas Overkill! (Die originalen Scans haben übrigens bei 6400 dpi knapp ca. 14.000-Quadratpixel, davon ist etwa ein Viertel tatsächlich benutzbar, da der Scanner ja in eine Richtung interpoliert und in die andere auch eigentlich nur zu Marketing-Zwecken etwas höheres unterstützt. Damit bin ich aber trotzdem noch immer im Bereich von 8k.) 2048 bringt jedenfalls noch immer fast die doppelte Auflösung meiner normalen 35mm-Scans rüber.

Bei den ersten beiden Bildern habe ich zusätzlich erst mal etwas mit den Scanner-Einstellungen und der Streifen-Entfernung experimentiert. Letzteres hat sich eigentlich als überflüssig erwiesen, zumindest dort, wo die defekten Pixel des Scanners nicht mitten im Himmel liegen. Bei der Bildgröße wird die Bearbeitung nur auch langsam etwas kompliziert, ich brauche einen neuen PC mit mehr Speicher und vor allem mehr Kernen! ;-) Von daher sind die Scans praktisch nicht nachbarbeitet, sondern mehr oder minder so, wie sie aus dem Scanner kamen.


Das aller, allererste Bild, das ich je im 120-Format gemacht habe, zeigt den üblichen Blick auf den Turm über der Einfahrt zur Stadt Blankenberg. (1/300s, f/8.) Ich hab mir gedacht: "Mach was, was Du schon (n+1)-Mal gemacht hast, das kann am wenigsten schief gehen!" Und tatsächlich, es sieht auch ziemlich gut aus! Oben um den Turm flattern Vögel, vorne dran hängt der Weihnachtsschmuck - der corona-bedingt dieses Mal ja eher überflüssig war, es gab keinen Weihnachtsmarkt im Jahr 2020 -, die Bäume im Vordergrund sind so scharf, dass man sich dran schneiden könnte, im Hintergrund ziehen sich zwei sich kreuzende Chemtrails durch den leicht bewölkten Himmel. Cooles Bild! Richtig gut! Auch wenn es nur einer der üblichen Touri-Shots ist.

Im zweiten Bild haben wir die Stadtmauer, wenn man vom Tor weg um die Ecke die Treppe hoch geht. (1/300, f/8.) Die Mauer ist so crispy, die Holzgitter so klar, der Baum so fraktal, da kann ich gar nicht lang genug hin schauen! Man sieht allerdings auch, die Ecken leiden selbst bei f/8 noch stark unter Vignettierung, während sich die Verzerrung einigermaßen in Grenzen hält. Alles in Allem bin ich von der Leistung dieser beinahe 70 Jahre alten Kamera extrem überrascht, im positiven Sinne. Hätte nicht gedacht, dass das Objektiv so präzise Abbildungen liefern kann. Aber es fängt die Herbst-/Winter-Stimmung auf diesem s/w-Film hervorragend ein!

Durch den Bogen hindurch habe ich dann den Kirchturm fotografiert, auch wenn das Objektiv dafür leider etwas zu sehr im Normal-Bereich liegt. (1/300s, f/8.) Auch hier bin ich glücklich überrascht, wie gut das Objektiv abbildet, zumindest bei diesen hohen Blendenzahlen: Die Uhr ist bis in kleinste Details erkennbar, der Gockel auf der Kirche ist in allen Details zu erkennen und man hat keine Probleme, das Schild unten links zu lesen. Gut, so weit runter gerechnet jetzt nicht mehr wirklich, da setzen dann irgendwann die JPG-Artefakte ein, aber im Original kann man jeden einzelnen Vogelschiss auf dem Kirchdach erkennen. OK, nicht, dass man das jetzt wollte, aber man könnte, wenn man denn die entsprechende Neigung verspürte! ;-) Die Komposition des Bildes leidet wie gesagt etwas daran, dass ich hier eher etwas Weitwinkligeres benötigt hätte, aber Alles in Allem ist sie doch stimmig.


Die eigentliche Attraktion Blankenbergs ist jedoch die Burganlage, die allerdings leider auf Grund der Corona-Pest gesperrt ist. (1/300s, f/8.) Normalerweise hätte ich nämlich zwischen den Türmen und im Garten sicher auch noch einige Fotos gemacht. So habe ich aus dieser Perspektive zugeschlagen. Hoch thront die Mauer und die Türme auf dem Vorsprung, umgeben und eingerahmt von Bäumen. Gute Bild. Die Laterne stört mich etwas, aber die ist schwer nicht im Bild zu haben. Nächstes Mal bring ich einfach die Kettensäge mit! ;-) Ganz oben rechts in der Ecke kann man dann zwischen den Ästen aber doch sehen, dass das Objektiv hier nicht mehr ganz scharf abbildet, während man oben links auch etwas Verzerrung wahrnehmen kann. Bei den stärker im Schatten liegenden unteren Ecken fällt das hingegen weniger auf.

Die Burgmauer ist die erste Aufnahme, bei der ich es dann mal gewagt habe, von der Unendlich-Einstellung des Objektivs weg zu gehen; zum Ausgleich bin ich gleich noch eine Blendenstufe hoch gegangen. (1/150s, f/11.) Wie ich je bereits berichtet habe, ist der Messsucher an der Kamera ziemlich verstellt, weshalb ich gerne mit dem Tele auf der DSLR die Entfernung ausgemessen und das Ergebnis dann mit dem Messsucher verglichen habe, um ein ungefähres Gefühl dafür zu bekommen, wie stark der nach geht. Dieses Bild ist jedenfalls bei einer Einstellung von 15 Metern entstanden, während der Messsucher eher so 5 haben wollte. Da ich aber auf jeden Fall erst mal ein scharfes Bild haben wollte, habe ich halt f/11 gewählt, insbesondere auch, weil die Mauer sich ja etwas vom Betrachter weg dreht und ich wirklich alles scharf haben wollte. Dadurch sind uns die folgenden beiden Beobachtungen möglich: 1.) Bei f/11 wird das Bild schon wieder unschärfer, die maximale Schärfe der Optik liegt offenbar bei f/8. 2.) Die Entfernung hat besser zum Baum links gepasst als zum Rest des Bildes; die Mauer empfinde ich zumindest als weniger scharf und der Hintergrund ist tatsächlich etwas verschwommen, wenn man sich die Horizontlinie mit den Bäumen darauf genau anguckt. (Dieser Effekt ist in der größeren Version des Bildes natürlich viel besser zu sehen, aber - wie gesagt - ich wollte nicht jedermanns Datenkontingent sprengen! ;-))


Da wir das Burggelände also nicht betreten konnten, sind wir weiter an der Stadtmauer entlang zurück und schließlich unter dieser hindurch, wo ich mich umgedreht und dieses Foto gemacht habe. (1/200s, f/8.) Man beachte auch, dass unten links bei der Filmentnahme etwas Licht eingedrungen ist, was interessante Effekte produziert hat. Das hatten wir weniger ausgeprägt auch schon auf dem vorhergehenden Bild. Das Bild an sich ist etwas überlastet mit der dicken Mauer, dem Turm und dem vielen Gebüsch am Rande, aber das macht auch zugleich seinen Reiz aus, die sich nach oben schlängelnde Treppe mit ihrem Geländer, der Schattenwurf auf den Natursteinen, die Fusseln am Himmel, die ich nicht weg retuschiert habe. Achnee, Moment, die gehören da ja gar nicht hin! ;-) Kein schlechtes Bild, aber auch nicht das Beste auf dieser Rolle. Eher ein Experimet. Vor allem aber passt hier die Entfernungs-Einstellung von 15m ziemlich genau.

Der Turm im Gegenlich ist auch ein Experiment, nämlich wie das Filmmaterial und vor allem die Optik auf direktes in-die-Sonne-zielen reagiert. (1/300s, f/11.) Ich muss sagen: Erstaunlich gut. Ich habe vielleicht sogar etwas zu vorsichtig belichtet, eine Blendenstufe weniger wäre schon drin gewesen. Das Objektiv macht relativ wenig Flares und nur einen punktförmigen Ghost genau gegenüber der Sonne. Sonnenstrahlen sind nur sehr rudimentär ausgebildet, geben dem Bild aber ein gewisses Etwas. Insgesamt: Ein Experiment, von dem ich nicht viel erwartet habe. Dafür ist es ganz OK geworden.

Das nächste Experiment war die Glocke hinter der Kirche. (1/100s, f/3,5.) Zum einen wollte ich hier auch mal längere Zeiten und gleichzeitig weit offene Blende testen, zum Anderen aber auch die Entfernung weiter eichen: Habe wieder mit dem Tele genau ausgemessen, wie weit das PX auf der Glocke entfernt ist (2m - bei der Entfernung weicht der Messsucher erstaunlicherweise kaum mehr ab, was bestimmt wieder an irgendeinem Logarithmus liegt, der sich in der Konstruktion eines solchen versteckt ;-)) und dies am Entfernungsring eingestellt. Was soll ich sagen: Das Bild ist 100% an den Stellen scharf, die ich haben wollte! Die Glocke glänzt leicht im Schatten der Kirche und ist richtig knackig scharf mit nur ganz leichten Aberrations-Problemen in den Kontrasten (die auf einem Farbfilm wahrscheinlich irgendwie bunt wären), während der Hintergund, der Baum, die Mauer, die Kreuze, leicht swirly im Bokeh ist! Hervorragend! Da wünsche ich mir nur ein paar mehr Highlights auf der Glocke - wie war das mit den Reflektoren, die ich mir mal anschaffen und durch die Gegend schleppen wollte?! ;-) Total geiles Bild, jedenfalls, bei dem ich auch nicht geglaubt hätte, dass ich es durch den archaischen Sucher so gut eingemessen bekommen hätte. Von den Effekten her auf jeden Fall das interessanteste Foto auf der Rolle; ob es das beste ist, möchte ich nicht sagen, dafür ist es thematisch so verschieden vom Rest..


Das andere Bild, das ich im Kirchhof gemacht habe, ist ebenfalls ein Experiment, dieses Mal aber eher mit Schatten und Licht. (1/50s, f/5,6.) Hier habe ich die relative Dunkelheit ausgenutzt und mal nur bis in den mittleren Bereich abgeblendet. Die relativ lange Belichtungszeit hat das Bild hier schon minimal verwackelt, ich bin ja nicht so für meine ruhige Hand bekannt. Die Entfernung hatte ich uf ca. 4 Meter eingestellt, was ungefähr korrekt war, aber in der Bewegungsunschärfe macht das keinen erkennbaren Unterschied. Wenn ich ein Stativ gehabt hätte, wäre dieses Bild sehr gut, so ist es leider etwas meh. Immerhin, das, was ich testen wollte, habe ich herausgefunden.

Von hier aus noch die andere Richtung ums Dorf geschlichen und durch das hier aufgestellte Fenster hindurch die Burg fotografiert. (1/300s, f/8.) Ein guter Test für die Tiefenschärfe bei dieser Blende: Während die Burg praktisch im Unendlichen liegt (worauf ich das Objektiv auch eingestellt hatte), ist das Fenster nur wenige Meter entfernt. Trotzdem ist es nur minimal unscharf. Im Stern im Fensterladen oben rechts sind noch sämtliche Strukturen zu erkennen, ebenso die einzelnen Lämpchen der Lichterkette. Schade, dass das Bild etwas schief geraten ist.


Ein Viehzeug darf bei meinen Fotos ja nie fehlen, deswegen haben wir den Schafen noch einen Besuch abgestattet. (1/300s, f/5.6.) Perfekt die Entfernung eingestellt - ca. 7m - und auch sehr gut die Belichtung geraten. Sowohl Vorder- als auch Hintergrund weisen ein ganz kleines Bisschen Unschärfe auf - der Hintergrund jedoch merklich mehr, genau wie ich es haben wollte. Das Schaf hingegen ist so scharf und glotzt außerdem völlig unbeteiligt in die Gegend. Schönes Bild, an dem ich kaum etwas auszusetzen habe!

Zu guter Letzt noch mal Kirchturmspitze und Stadtmauer mit Bäumen drumherum (1/300s, f/8.) Von der Sorte hatten wir ja jetzt schon einige, trotzdem ist auch dieses irgendwie besonders. Die Äste, die oben ins Bild ragen, geben Tiefe, sind bei f/8 aber noch immer extrem scharf. Der Schattenwurf auf die Mauer zeigt die tiefstehende Wintersonne an. Die durchbrochene Mauer öffnet etwas den Raum. Die Kirchturmspitze sticht in den Himmel wie ein Zeiger. Ich phantasier mir hier wieder was zusammen... ;-) Trotzdem: Auch wieder ein tolles Bild.

Fazit: Wenn das Wetter wieder besser wird, lade ich den nächsten Film in die Ikonta und ziehe wieder los. Denn auch der zweite, den ich am nächsten Tag hier auf dem Dorf verschossen habe, ist ganz gut geworden. Nur sollte ich wohl tatsächlich den Wechselsack zur Filmentnahme verwenden und vielleicht auch über ein paar Hüllen nachdenken, denn gerade der zweite Film hat doch etwas viel Licht abbekommen. Aber das werdet ihr dann demnächst, wenn es so weit ist, ja selber beurteilen können.