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Agfa Sillette LK Sensor

Noch ein Mitbringsel vom letzten Rheinauenflohmarkt: Eine Agfa Silette LK Sensor. Es handelt sich um das letzte Modell, dass unter dem Namen Silette verkauft wurde. Das war damals, am späten Ende der 1960er, als das eckigere Design der '70er schon vor der Tür stand und am Rahmen kratzte, damit es einer rein lässt! ;-)


Es handelt sich ganz offensichtlich um eine kompakte Schnappschusskamera, die aber doch einen erstaunlichen Funktionsumfang hat: Das verbaute "Color-Agnar" - damals war Farbe wohl ein echtes Verkaufsargument - hat eine fast normale Brennweite von 45mm und einen erstaunlich guten Lichtwert von f/2.8. Die Blende ist viereckig, da bin ich auf jeden Fall schon mal gespannt, welche Auswirkung das auf Fotos haben wird, wenn ich denn mal dazu komme, welche damit zu machen. Ich hab so schon noch genug Foto-Projekte rum liegen, denen ich mich mal widmen müsste.

Das von Außen ansonsten auffälligste Feature ist der große, runde Knopf, der hier den Auslöser gibt. Daher auch der Name: Sensor. Mit diesem Zusatz wurden in den '70ern ja praktisch alle Agfa-Kameras beworben. Und das ist wirklich ein sehr leichtgängiger Auslöser, für den man wenig Kraft aufwenden muss. Das war das Verkaufsargument: Weniger Verwackler.


Der Verschluss ist ein üblicher Zentralverschluss, der ausreichend schnell ist. 1/300s war damals ja durchaus noch üblich und sorgt für f/4 bei Schatten bis f/8 bei Sonnenschein. f/11 bis f/22 ist dann noch für die ganz hellen Strandtage da. Die Blende ist übrigens nicht geklickt, sodass man den kleinen Belichtungsmesser-Zeiger ganz genau zwischen die beiden dreiecke bugsiert bekommt. Eine solche Anzeige gibt es übrigens sowohl oben auf der Kamera als auch im Sucher - praktisch. Leider zeigt er bei meinem Exemplar im Dunklen eher Blödsinn an: Halte ich die Kamera in die pralle Sonne, erscheint mir die Einstellung, mit der der Messer zufrieden wäre, einigermaßen plausibel; aber sobald ich rein gehe, ist es mit der Präzision vorbei: unter 1/125s und f/4 schlägt er viel zu weit aus. Ich nehme an, die Selenzelle irgendwo in dem Ding hat es einfach hinter sich.

Wo die genau steckt, war mir eh länger ein Rätsel, denn wenn ich mit dem Finger das Fensterchen oben rechts abgedeckt habe, passierte erst mal rein gar nichts; aber auch, wenn ich die Linse zu gehalten habe, schlug der Zeiger nicht merklich aus. Ganz dubios. Bis ich das ganze dann in der Sonne noch mal getestet habe. Da habe ich dann festgestellt, dass die Zelle wohl doch - wie erwartet - hinter dem rechten Fensterchen sein muss. Da schlug der Zeiger dann nämlich tatsächlich plötzlich aus. Aber wie kann ein Selen-Belichtungsmesser zu viel anzeigen? Je ausgebrannter die Dinger sind, desto weniger sollten die anzeigen! Ich nehme also an, dass die Grundjustierung des Zeigers einfach nicht mehr stimmt; irgendwelche gealterten Widerstände und Kondensatoren? Wenn ich auf ISO/ASA 25 runter gehe, stimmt der angezeigte Wert ungefähr mit dem überein, was meine Nikon ausspuckt. Nun ist ein Selenzellenmesser mit dem, was eine TTL-Kamera angibt, eher weniger zu vergleichen, aber irgendwie muss ich das Ding ja kalibrieren.

Aber zurück zum Rest der Kamera: Die Entfernung muss man natürlich manuell einstellen und es gibt auch keinen Entfernungsmesser, nur einen ganz normalen Sucher. Das ist bei f/2.8 als offenste Blende schon eine Herausforderung. Aber da man ja eh nur bis 1/300s als schnellste Zeit belichten kann, kommt man wahrscheinlich eh eher selten in die Verlegenheit, Offenblende nutzen zu wollen. Früher hat man das Ding wahrscheinlich auf 1/60s und 8m gestellt und alles mit f/11 aufgenommen, dann sollte so ab dreieinhalb, vier Meter eh alles scharf sein. ;-)


Interessant ist auch der Lade-Mechanismus und der Transporthebel: Um die Kamera zu öffnen, muss man rechts das Knöpfchen runter drücken, dann geht die Rückwand auf. Gleichzeigtig springt auch die Achse für die Filmpatrone raus, sodass man ganz bequem laden kann. Ist eine neue Patrone eingelegt, drückt man die Achse wieder ins Gehäuse rein und diese greift dann die Patrone und hält sie fest. Ziemlich geniale Konstruktion. Jetzt fädelt man den Film in den Schlitz ein, wo eigentlich die Aufnahmespule sein sollte. Diese ist nämlich hinter einem Plastik-Dingsbums versteckt. Sollte man also aus Versehen die Rückwand mit eingelegtem Film öffnen, hat man eine gute Chance, dass nicht alle Fotos ruiniert sind!

Um den Film am Ende wieder zurück zu spulen, muss man unter dem Objektiv einen kleinen Hebel seitlich drücken und dann nach oben schieben, bis es Plöpp macht und der Metallpinn dahinter zum Vorschein kommt. Jetzt ist das Getriebe des Aufzugshebels umgedreht und man kann den Film durch mehrfaches Ratschen zurück in die Patrone befördern. Sehr ungewöhnlich! Das Zählwerk zählt derweil rückwärts, es ist also sinnvoll, dieses immer auf A (wie Anfang) zurück zu stellen, wenn man einen neuen Film einlegt, einfach damit man am Ende auch weiß, wie weit man noch muss.


Insgesamt also eine spannende kleine Kamera, die ich aber erst mal noch ein bisschen reinigen muss. Von Außen habe ich schon die gröbsten Schmutzflecken und Klebereien der letzten 50 Jahre entfernt, aber innen sieht es nicht viel besser aus. Aber immerhin ist die Linse klar und die 4 Zeiten, die man zur Verfügung hat, laufen plausibel ab.

Fazit: Wahrscheinlich habe ich etwas zu viel bezahlt, bei ehBlöd kriegt man welche in ähnlichem Zustand für weniger. Aber da wäre dann auch keine Tasche dabei gewesen und auch keiner Plausch mit kleiner Geschichte: Die Kamera gehörte der Oma der Verkäuferin. Ich hoffe, die ist nur im Heim oder so und das war die Haushaltsauflösung. Ansonsten habe ich wieder ein Waisenkind eingesammelt!

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