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Hennef Hochkant

Abends, wenn es dunkel wird, und die Stadt sich leert und nur noch die Jugend mit ihren Energydrinks und im Schritt nicht richtig sitzenden Höschen unterwegs ist, kann man hervorragend die dunkle, schmutzige Seite Hennefs erforschen gehen. Die Seite, die einem das Fremdenverkehrsamt nur ungern zeigt. Die Stellen, an denen die Graffiti-Tags kaum auf dem Acrylglasplatten der Parkhausverschalung hält. Wo der Moloch der Bahnunterführung gierig sein Maul aufreißt und die Träume und Hoffnungen der Menschen verschlingt, die hier täglich ein und aus gehen. ¡Vamos!


Unter der fehlenden Anzeigetafel ihrer Existenz hindurch schlängelt man sich die Treppe zum Bahnsteig hinauf und man fragt sich unweigerlich: "Was mache ich hier eigentlich?" Der Lichtblick der Plastik-Kuppel über Dir verheißt bessere Zeiten, doch bei genauerer Betrachtung ist er erfüllt mit dem Abfall und Geröll ungezählter Stürme, bedeckt mit der gleichen glitschigen Schicht aus im sauren Regen vor sich hin vegetierender Flechten wie der Rest des Universums. Verheißungsvolle Türen sind versperrt und der Weg nach oben ist von gleicher Mühseligkeit, wie es der Weg hinab in die Hölle zuvor schon war.

Der Zug ins Nirgendwo steht unerreichbar auf der anderen Seite, auf dem falschen Gleis, und spiegelt gnadenlos das geschlossene Auge des Fotografen wider. Dinge, die man nur im Suff ertragen kann. Die Reste der hastigen Abendmahlzeit verteilen sich unter einer stählernen Bank, deren rostige Quadrate eine unvergängliche Impression auf Deinen Arschbacken hinterlässt. Hennef (Sieg): Du bist angekommen! Hinab in den Schlund, wieder und wieder, ohne Unterlass. Irgendwo her schwingt der blecherne Klang einer verstimmten Steel-Guitar, doch der Spieler bleibt im Verborgenen.


Auf der anderen Seite, irgendwo dort oben in der Freiheit, glaubst Du, ein wenig Licht sehen zu können, glaubst, den tierischen Lenker des Schicksals herumreißen zu können. Doch Karen will den Manager sprechen, knüppelt mit ihren Worten jeden Gedanken nieder. Ihre Ohrstecker tackern wie ihre fiepsige Stimme. Klink. Klink. Klink. Frustriert wendest Du dich ab, vergisst eingewickelt in cyclamat-süßen Noppenfolie kurz die Abgründe dieser schwarzen Seele. Die Erleichterung währt nur kurz. Zurück bleibt das Leergut der Enttäuschung, das am Morgen wohl von zitternden Händen eingesammelt werden wird. Acht Cent; noch 10 oder 11 weitere und es reicht vielleicht für ein paar Scheiben Brot vom Discounter. "Hennef Hochkant" vollständig lesen