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Fujifilm X100T

Keine Angst: Ich habe nicht schon wieder sinnlos Kameras bei ehBlöd gekauft. Nein, diese kleine Schönheiz gehört unserer guten Freundin C, die sich großzügig bereit erklärt hat, mir die für eine unbestimmte Zeit zu leihen. (Die selbe gute Freundin, die mir letztens schon ihre 400D ausgeliehen hatte.) Bei ihr liegt die wohl nur in der Schublade, da geht nur der Akku kaputt. Deshalb werde ich sie jetzt mal ein bisschen misshandeln.


Vor allem, weil C sowas sagt wie, dass ihr die zu kompliziert sei. Und das kann ich direkt mal auf den ersten Blick bestätigen: Die Menüs sind zwar schön aufgeräumt und erinnern mich vom Layout her ein bisschen an die der Canon, aber was die einzelnen Punkte bedeuten, ist nicht immer direkt verständlich. Zudem lassen sich praktisch alle Tasten mit irgendwelchen Shortcuts belegen - also nicht nur der eine kleine Button, der mit Fn beschriftet ist. Dem habe ich jetzt mal "abblenden" zugewiesen, weil ich das tatsächlich hin und wieder mal brauch. Aber auch die Cursor-Tasten sind belegbar, was manchmal ein bisschen hinderlich ist, wenn man aus versehen dran kommt.

Das ist sowieso ein Thema bei dieser Kamera: Von der Größe her ist sie eben eher klein. Also, sehr klein, für meine riesigen Männerpranken. Soll heißen: Bei der Canon verstelle ich mir ja schon unbewusst immer irgendwas, aber hier ist irgendwie so gar kein Platz für meinen rechten Daumen. Ständig hänge ich an irgendeiner Sonderfunktion fest. Hat umgekehrt natürlich den Vorteil, dass praktisch alle Tasten einwandfrei erreichbar sind, man sich also nicht allzu sehr anstrengen muss, um irgendwo hin zu gelangen, bzw. auch nicht den Blick vom Sucher nehmen muss, wenn man erst mal auswendig weiß, was wo ist.

Die eigentlich wichtigste Taste an dieser Kamera scheint mit die mit dem Q für Quick Menu zu sein. Denn hier hat man alle wichtigen Einstellungen auf einmal im Blick. Dann kann man mit rechts/links/oben/unten navigieren und mit dem Drehrad (das meinen fetten Flutschefingern auch ein bisschen zu klein geraten ist) die Einstellung anpassen. Etwa ISO. Rechts und links ist dabei für mich alten Nikonianer mal wieder vertauscht, aber man gewöhnt sich an alles. Lässt sich glaube ich auch umstellen.


Was ich peinlicher Weise etwas länger gesucht habe, war der manuelle Fokus. Der lässt sich vorne am kleinen Schiebeschalter einstellen: M wie manuell, C wie kontinuierliche Messung und S wie Single Fokus. Eigentlich ganz einfach. Natürlich ist der Fokusring nicht "echt", also nicht mechanisch. Stattdessen rattert der Fokusmotor hörbar hin und her und stellt mit einem winzigen, aber dennoch wahrnehmbaren Lagging das Objektiv ein. Auf C hat mich die Kiste ein bisschen verwirrt, weil sie auch bei unbeweglichen Objekten ständig hin und her fokussiert. Warum? Ich nehme an, das ist ein Kontrast-Aotofokus, keine Phasenmessung. Die Kamera weiß also nicht, in welche Richtung sie drehen muss. Ähnliche Probleme habe ich mit meinen "großen" Kameras in Life-View manchmal auch.

Mit dem manuellen Scharfstellen habe ich mich übrigens noch nicht angefreundet, ganz besonders im Nah- bis Makro-Bereich. Das bedarf wohl noch ein kleines bisschen weiterer Übung. Bis dahin verwende ich weiter wie an allen anderen Kameras auch den Single Fokus mit dem Messpunkt in der Mitte. Das funktioniert mit dem Bildschirm auf der Rückseite hervorragend. Da es sich aber eigentlich um eine Sucherkamera handelt, kann man natürlich auch den Sucher benutzen. Und der wartet mit ein paar Tricks auf: Betätigt man den kleinen Hebel vorne an der Kamera, kann man zwischen "nur optischer Sucher", "nur digitaler Sucher" und "gemischt" (s.o., letztes Bild in der unteren Reihe) hin und her schalten. Gerade letzterer Modus hat faszinierende Anwendungsmöglichkeiten und bietet für mich tatsächlich eigentlich alles, was man braucht. Während der optische Sucher ganz normal funktioniert und einem auch alle wichtigen Infos wie Blende, Zeit und vor allem den parallaxen-korrigierten Bildausschnitt anzeigt, wird unten rechts ein Stück des digitalen Suchers eingeblendet, der zur Begutachtung der Schärfe eine Vergrößerung des verwendeten Autofokus-Messpunkts anzeigt. Ziemlich cool!

Was mich dann zum eigentlichen Fotografierten bringt: Man kann die Kamera praktisch in Vollautomatik betreiben, indem man das ISO auf Automatik stellt, dann sowohl die Zeit als auch die Blende auf A dreht. Dann hat man effektiv einen Programmmodus mit Auto-ISO. Und in dieser Betriebsart macht die Kamera gute Bilder, verbunden mit der einfachen Bedienbarkeit, wie man sie in einem Handy hat. Einfach drauf halten und abdrücken - passt. Ich denke, das es sich dann praktisch um eine kleine Spaß-Kamera handelt, die hauptsächlich ein besseres Objektiv zu bieten hat als ein Mobiltelefon, kombiniert mit einem größeren (APS-C) und somit empfindlicheren Sensor. Aber das macht sie eben noch nicht zu etwas Besonderem.


Interessant wird es nämlich erst so richtig, wenn man diese Automatiken der Reihe nach abschaltet: Zuerst mal das ISO, welches bei 200 beginnt (100 unkalibriert) und bis 6400 geht (zusätzlich 12800 bis wahnsinnige 51200 in der Erweiterung). Dann die Blende, die von f/2 bis f/16 reicht, und schließlich könnte man noch in den völlig manuellen Modus übergehen und noch eine Zeit bis minimal 1/4000s wählen. Das ist schön schnell, sodass man auch bei kräftigem Sonnenlicht noch offen fotografieren kann und so trotz der geringen Brennweite von 23mm (Kleinbild-Äquivalent ca. 35mm) noch ausreichend Separation zwischen Vorder- und Hintergrund bekommt, zumindest wenn man nah genug an sein Motiv ran geht. Die Naheinstellgrenze ist recht nah, auch wenn ich jetzt nirgends einen tatsächlichen Wert gefunden hätte. Das ISO-Testbild von der Parkscheibe unten ist auf vielleicht 20cm aufgenommen. Also definitiv ausreichend.

Apropos ISO: Bei 12.800 ist eigentlich noch alle ganz in Ordnung. Das kann man im Zweifel tatsächlich verwenden. Damit sollten Bilder in dunklen Innenräumen (Restaurant, Club) durchaus machbar sein, wenn man nachher mit ein bisschen Rauschen leben kann. Darüber würde ich aber nicht gehen, denn am Ende zerfällt das Bild in einzelne Blöcke von Farbrauschen und kriegt zudem Streifen. (Da kann man dann erkennen, dass der Sensor wohl in rechts-links-Richtung ausgelesen wird. ;-))


Aber bei "normalen" Emfindlichkeitseinstellungen sehen die Bilder durchweg gut aus. Vielleicht ein bisschen zu sehr kontrastig, was leider ein bisschen an den typisch-überschärften Eindruck eines Knipsomaten erinnert. Aber das liegt vielleicht auch an der Standard/Provia-Simulation, die ich für diese Testbilder nicht geändert habe. Das ist nämlich das kleine Ass im Ärmel dieser Kamera: Wenn man das echte Retro-Feeling einer Sucher-Kamera haben will, kann man sich verschiedene Filme simulieren lassen. Das mag eine Spielerei sein, und ich habe mich auch noch nicht damit beschäftigt, aber als witziges Gimmick auf jeden Fall brauchbarer als der bekloppte Sepia-Filter, den so ziemlich jede andere Knipse zu bieten hat. Wenn das Wetter mal etwas besser wird, werde ich mich da mal ausgiebiger mit beschäftigen, denn das ist glaube ich das einzige Argument, das tatsächlich für so eine Kamera spricht. Vor allem sollen die neueren Modelle ja auch noch mehr Möglichkeiten diesbezüglich bieten. (T steht für "third", also die dritte Version, nach S für "second" und der originalen ohne Zusatz. Und danach kamen noch F für "fourth" und weil "fifth" halt auch mit dem gleichen Buchstaben anfängt, hat Fuji sich da für das römische Zahlzeichen V entscheiden. Die haben auch irgendwas geraucht in dem Laden! :-D)

Versteht mich nicht falsch: Die Kamera ist ziemlich gut und für das, was sie ist, finde ich sie eigentlich total geil! Aber rechtfertigt das einen Neupreis von 1200 Euro (UVP) in 2014. Das war damals ein Haufen Geld und gebraucht ist sie auch heute noch gut noch die Hälfte wert. Die aktuelle T100V wird gar für 1500 Öcken neu verkauft! Dafür würde man auch ein Nikon Z 5 bekommen und hätte noch genug Geld für eine passende 35mm Festbrennweite, dann aber mit den Vorteilen einer Vollformat-Kamera mit Wechselbajonett. Finanziell macht so eine Kamera also keinen wirklichen Sinn. Der Coolness-Faktor ist natürlich bei der Fuji höher und die Handhabbarkeit ist vielleicht auch ein Argument, kann man das Ding schließlich einfach in die Westentasche stecken und hat dann eine sehr gute Kamera immer griffbereit. Reicht das, um sich von einem modernen Handy abzuheben? (OK, die Dinger mit anständiger Foto-Funktion sind mittlerweile ja auch schon preislich in Bereichte vorgedrungen, die sich kein vernünftiger Mensch mehr leisten will.) Das muss am Ende tatsächlich der Markt entscheiden. Immerhin baut Fuji diese oder entsprechende Kameras jetzt seit 2011 und es scheinen sich entsprechend genügend Käufer gefunden zu haben.

Ich für meinen Teil werde mein endgültiges Fazit noch hinauszögern, bis ich die Chance hatte, das schnuckelige kleine Stück Hochtechnologie in guten Lichtverhältnissen zu testen. Wenn ich dem Wetterbericht glauben schenken darf, wird das aber noch ein paar Tage dauern. Bis dahin muss ich versuchen, den Deckel immer brav wieder aufs Objektiv zu stecken, denn: Warum hat sich Fuji ausgerechnet das Filtergewinde gespart!? Auf sowas gehört ein UV- oder Skylight-Filter als Schutz drauf! Ehrlich, echt jetzt!